Marcello Martinez Vega

El Beso del Tango

Marcello Martinez Vega 
El Beso del Tango

Marcello Martinez Vegas Projekt El Beso del Tango ist die künstlerische Auseinandersetzung mit der Bewegung und Musik des Tangos. Die audiovisuelle Installation entstand als Begleitung sowie im Rahmen von „Tango la Queen“, einer Tangoshow von Joachim Schloemer mit Tänzern, Schauspielern sowie einer Live-Tango-Combo, die am 17. Mai im Theater Freiburg Premiere feiert. Kern der rauminstallativen Arbeit von Martinez Vega sind mehrere tausend Zeichnungen, die zu einem Videoclip verschmolzen werden, welcher wiederum in drei Teilen sowie triangular in den Raum projiziert wird. Als Projektionsfläche dienen großformatige, zu Tableaus arrangierte Leinwandarbeiten – Vergrößerungen der zum Videoclip verarbeiteten Zeichnungen –, auf die das digitale Bild wie auf eine Art visuell generierten Resonanzboden fällt. Das zeichnerische Bild ist somit Ausgangspunkt und zugleich Anker der Animation, Vorlage und Verlängerung derselben. Der Videoclip versteht sich als animiertes Bild, als „cuadro animado“, das die ihm zugrunde liegenden Einzelzeichnungen als bildkonstituierende Elemente begreift. Das technisch in Bewegung gesetzte Bild, wird so zum Movens unserer Vorstellung.

Der erste Teil des Videos beginnt mit der einfachen Darstellung tanzender Schuhe, die sich durch und in ihrer Bewegung zur Musik zu verselbständigen scheinen. Sie entwickeln ein regelrechtes Eigenleben, indem sie sich allmählich in tierische Gestalten transformieren, sich so weit auflösend, dass die ehemals gegenständliche Figur – nunmehr reine Form geworden – als tachistischer Fleck endet. Weiter geht der Tanz und es folgen Monodrucke mit dem Motiv einer Tänzerin mit Holzbeinprothese. Die durch die Kombination von versehrter weiblicher Schönheit und dem für Erotik und Sinnlichkeit stehenden Tangotanz in diesem Bild wirkende Widersprüchlichkeit unterminiert Klischee und Konvention gleichermaßen. Im zweiten Teil, der das Thema des Walzers – eine europäische Variante des Tango Argentino – behandelt, verlangsamt sich das Tempo auf Bild- und Tonspur in seiner Konsequenz gleichermaßen. Bildmotiv der Animation ist ein zur Musik tanzendes, sich küssendes Paar, das sich im Verlauf des Videos abermals zu kalligrafischen Zeichen auflöst. Auch hier wird die den Figuren ehemals inhärente Bewegung aus dem Figurativen herausgelöst, diesem entlehnt und ins Ungegenständliche geführt. Martinez Vegas Bilder changieren zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion, was das Moment einer fortwährenden Bewegung und ständigen Transformation zu ihrer alleinigen Konstanten macht.

Formal bilden beide Teile die Rahmenhandlung für den räumlich zentral verorteten dritten Part, den der Künstler „Bandoneon“ genannt hat. Neben einfachen Federzeichnungen werden farbige Öl-Tusche-Zeichnungen integriert, deren Oberflächen durch ihre Tiefenwirkung eine nochmals andere Bildqualität besitzen. Hier greift Marcello Martinez Vega formal und inhaltlich das Motiv einer Bandoneon spielenden Frau auf. Das an ein Akkordeon erinnernde Musikinstrument, das zur musikalischen Begleitung eines Tangos eingesetzt wird, wird jedoch für gewöhnlich von Männern gespielt. Abermals bricht Martinez Vega an dieser Stelle mit konventionellen Bildern und verweist damit nicht zuletzt auch auf den Charakter des Tangos. Denn wie auch der Tango keine stringente Choreografie besitzt, sondern vielmehr aus einzelnen Figuren besteht, die miteinander und in unterschiedlicher Weise kombiniert werden, setzt sich die Installation aus verschiedenen Elementen zusammen. Nicht allein die Verbindung unterschiedlicher künstlerischer Ausdrucksformen wie Zeichnung, Audio- und Videoprojektion, sondern auch das Verschränken, das

Herauslösen und Wiederaufgreifen einzelner Momente erinnern an kombinatorisch-alternierende Bewegungs- und Rhythmusmuster des Tangos. In ihrer Gesamtheit lassen die Arbeiten Marcello Martinez Vegas ein Streben nach Dichte wie auch nach Offenheit erkennen. So werden in der Umsetzung formaler und inhaltlicher Leitbilder sowohl persönliche Erlebnisse als auch Allgemeinmomente verortet.

Eine kooperative Offenheit zeigt sich auch in der Zusammenarbeit Martinez Vegas mit dem Komponisten und Musiker Minarcos, der, ausgehend von den Zeichnungen, die Musik zu EL Beso del Tango komponierte, während sich der Fotograf Ramesh Amruth zusammen mit I.T. Medienbarca für die technische Umsetzung der Bilder verantwortlich zeigten

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